Sasaya
Lange Zeit hatte ich den Eindruck, aus irgendeinem Grund soll ich dieses Restaurant nicht besuchen. So oft wie bei keinem anderen Restaurant war ich bei Sasaya gewesen und hungrig wieder von dannen gezogen. Die Gründe dafür waren unterschiedlich: mal stand ich am Ruhetag vor der Tür, mehrmals außerhalb der knapp bemessenen Öffnungszeiten, dann wiederum fand ich eines Tages glückselig Einlass, nur um dann festzustellen, dass die Küche schon Feierabend gemacht hatte und es nur noch Getränke gab und wieder ein andermal war kein Platz mehr frei...
Irgendwie schien sich das Sasaya gegen mich verschworen zu haben, dabei sah das Essen toll aus, das Ambiente machte einen netten Eindruck und die Empfehlungen klangen verlockend. Selbst die japanische Mutter einer Freundin war hochzufrieden und das will was heißen, wenn es um japanisches Essen in Berlin geht. Das war auch der Grund warum ich nicht aufgeben wollte. Nun schon wieder seit einem dreiviertel Jahr zurück aus dem Land der aufgehenden Sushi, überkommt mich nicht gerade selten die Sehnsucht nach japanischen Spezialitäten.
Sushi gibt es in Berlin ja allerorten, aber darüber hinaus ist meiner Meinung nach leider wenig Authentisches und gleichzeitig Vegetarisches aus Japan geboten.
Bei aller Liebe zu vegetarischen Sushivarianten, es gibt doch noch sooooo viel mehr japanische Köstlichkeiten!
Häufig und gerne stille ich meinen Gyoza- und Udonheißhunger bei Susuru in Mitte, dessen Yasai Gyoza (Gemüseteigtaschen) neulich eine Freundin vor Begeisterung beinahe zu Tränen rührte.
Aber auch bei Sasaya gibt es Udon und außerdem Soba, japanische Buchweizennudeln. Außerdem japanische Desserts - kaum etwas vermisse ich mehr! Ich musste es also ins Sasaya schaffen, koste es auch noch so viele Versuche!
Neulich war es dann endlich soweit: wir kamen gerade noch pünktlich zur Mittagsöffnungszeit, es war ein Tisch frei, es war kein Ruhetag - ich konnte es kaum fassen!
Eine Mini-Vorspeise bekommt man auf Kosten des Hauses, was natürlich gleich positiv stimmt. Zur Mittagszeit gibt es auch noch einen Tee geschenkt - noch besser!
Ich gebe es zu, an jenem Tag war ich gerade in Sushilaune und habe eine vegetarische Inside-out Variante probiert, Spicy Vege Sushi, gefüllt mit Avokado, eingelegtem Rettich, Perilla, außenherum Sesam. Sehr lecker, vor allem der Geschmack frischen Perillas (in Japan Shiso genannt und dort etwa so viel verwendet wie hierzulande Petersilie) weckt Fernweh und sämtliche Geschmacksknospen, bevor diese ins Wasabikoma befördert werden. Als kleine Beilage hatte ich Rengoma, Spinat mit Sesam, auch ganz köstlich und sehr authentisch, auch was die hübsche Präsentation angeht.
Leider war dann die letzte Bestellrunde schon durch, und ich musste vor Neid ergrünt all die herlichen Nachtische in andrer Leute Münder verschwinden sehen.
Der unverzeihliche Fehler im Sasaya die Nachspeise nicht gleich mitzubestellen, sollte niemandem unterlaufen!
Um mir diese Lehre zu verinnerlichen, bin ich nur kurze Zeit später nochmal ins Sasaya eingekehrt, habe diesmal mit meiner Begleitung brav Nicht-Sushi-Gerichte und ein Dessert geordert: Sansai Soba (Suppe mit Berggemüse und Buchweizennudeln) und Kitsune Udon (Suppe mit breiten Weizennudeln und fritiertem Tofu und Algen) und hinterher eine nur in ihrer Perfektion japanische Crème brûlée, die mit einer in Kokosflocken gehüllten Kugel Vanilleeis getoppt war. Was für ein Fest!
Allerdings muss ich sagen, dass mich die Soba nicht ganz überzeugt haben. Sie waren von der Konsistenz her etwas zäh, fast pappig und auch sehr viel dunkelgrauer als die, die ich aus Japan kenne. Zugegebenermaßen bin in diesem Punkt wahrscheinlich einfach verwöhnt, da ich in Japan immer frisch handgemachte Soba vorgesetzt bekommen habe, während diese hier wohl gewöhnliche getrocknete waren, die dem Vergleich nicht standhalten konnten.
Das Berggemüse wiederum war genauso, wie es sich gehört: kleine Pilzchen, eingelegter Farn oder ähnliche grüne Stängelchen, Bambus und das ein oder andere undefinierbare, was in japanischen Bergwäldern eben so wächst.
Die Udonsuppe war ebenfalls sehr gut, wenn auch nicht ganz so raffiniert und originell, wie die von Susuru. Bei Sasaya wird eher die gute, bodenständige Version serviert, aber dagegen ist ja nichts einzuwenden. Wir hatten wie gesagt Kitsune Udon, wobei Kitsune, das japanische Wort für Fuchs, nicht auf eine unvegetarische Einlage aus fernöstlichen Wäldern hindeutet, sondern auf den fritierten Tofu, der farblich dem Fell des Fuchses gleichen soll. In Japan kommt er häufig länglich daher und ähnelt dann auch in der Form entfernt einem Fuchsschwanz. Hier im Sasaya war der Tofu in mundgerechtere Stücke geschnitten und hatte sich gut mit der Brühe vollgesogen und so einen kräftigen Geschmack angenommen, der ihm sehr zu Gute kam. Absolut delikat! Auch die Udon waren prima - ich würde sie im Sasaya definitiv den Soba vorziehen.
Sehr erfreulich sind die vielen kleinen Beilagen, die das Sasaya authentischerweise im Angebot hat. Hier finden sich auch gewagtere Delikatessen, wie zum Beispiel Tororo, sehr schleimig daherkommender, geriebener roher japanischer Yams. Ich mag Tororo gerne, am liebsten zu Soba, dann kann man sie so richtig schön reinschlürpsen. Aber ich kann mir vorstellen, dass nicht jedem, dem dieser weiße, kalte, geschmacksneutrale Schlabber zum ersten Mal vorgesetzt wird, dessen Vorzüge leicht zu vermitteln sind... Umso schöner, dass sich so etwas auf der Speisekarte findet, bekommt man das doch sonst kaum wo in Deutschland geboten.
Allein dafür und für die Verkostung weiterer Desserts muss ich meine momentane Glückssträhne ausnutzen und das Sasaya noch öfter besuchen. Unter den Nachspeisen habe ich nämlich auch einiges mit meiner weltallerliebsten Süßspeisenzutat gesichtet: Matcha! Den Grünteekuchen und Konsorten kann ich mir unmöglich noch länger entgehen lassen.
Sehr lobenswert sind auch die Tees im Sasaya. Ich kann den Genmai Cha aus ganzem Herzen empfehlen, der Geschmack von Popreis in japanischem Grüntee ist einfach was Besonderes.
Zu den verschiedenen angebotenen Sakesorten bin ich noch nicht gekommen, aber auch das steht mit Sicherheit bald mal an: hicks!
Nicht zu vergessen sei auch der freundliche, zuverlässige Service, da gibt es wirklich nichts auszusetzen. Nur mit der letzten Bestellrunde, da kennt man im Sasaya keine Gnade. Aber gut, das ist verständlich und akzeptabel, denn die letzte Runde wird allen mitgeteilt und damit muss man sich eben arrangieren.
Auch finde ich die Preise im Sasaya sehr in Ordnung und vor allem mittags äußerst günstig. Die vegetarischen Gerichte lagen alle ca. bei 6 Euro, wenn ich das richtig in Erinnerung habe.
In diesem Sinne also "itadakimasu" und genießt meine Musikempfehlung passend zum Artikel und zur Jahreszeit ;)
Sasaya
Lychener Str. 50
Berlin -Prenzlauer Berg [click to see map]
U+S Schönhauser Allee
Tram 12 Raumerstr
Telefon: 44 71 77 21 (Reservierung empfohlen!)
Öffnungszeiten: Do-Di 12-14.30 und 18-22.30 Uhr (die Küche macht jeweils eine halbe Stunde vorher dicht!)
3 Kommentare:
Wollte mit einem Freund, der über Silvester in Berlin war, an Neujahr dorthin. Nicht nur, dass die Rolläden unten waren, es waren auch alle Schilder verschwunden. War aber definitiv die richtige Hausnummer.
Und ein Nachtrag, denn heute hat es geklappt. Das Restaurant war geöffnet und auch da, wo es sein sollte ;)
Alle positiven Worte können nur bestätigt werden, auch hinsichtlich des sehr sehr freundlichen Personals. Hat meiner Begleitung und mir gut gefallen.
Für Vegetarier wichtig zu wissen: alle japanischen Suppen werden (auch im Sasaya) mit Fisch- oder Fleischbrühe zubereitet. Wirklich vegetarisch sind leider nur die ganz wenigen Gerichte, die explizit so gekennzeichnet sind.
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